Bosse Sudenburgs „The Anniversary Show“ in der Galerie Metro feiert gleich mehrere Jubiläen. Doch wer bei dem Titel an ausgelassene Partys oder deren künstlerische Aufbereitung denkt, hat sich getäuscht. Zwar gibt es für den Künstler ein persönliches Jubiläum zu feiern – es ist seine fünfte Soloshow –, doch schlagen die Referenzen auf historische Begebenheiten und aktuelle politische Ereignisse eher reflektierende, wenn dadurch auch nicht weniger humorvolle Töne an. Mit der „Anniversary Show“ beginnt bei Metro der Ausstellungsauftakt 2009, ein Jahr, in dem der 20. Jahrestag des Mauerfalls mit dem 60. Jahrestag der Gründung von BRD und DDR zusammen fallen. Es sind Jahrestage, die auch Anlass geben zu einer teils autobiographische Züge tragenden Auseinandersetzung Sudenburgs mit der jüngsten deutschen Geschichte und seinem eigenen künstlerischen Werdegang. Namensgeber und Herkunftsort des Künstlers ist der Magdeburger Stadtteil Sudenburg, in dem zu DDR-Zeiten die Bezirksdirektion des Ministeriums für Staatssicherheit untergebracht war. Die 1989/90 in einer Hauruck-Aktion teilweise per Hand vernichteten Akten werden heute digital wieder zusammengesetzt – ein Vorgehen, das Sudenburg in seiner Arbeit „Display“ aufgreift, in der er verschieden große graue Rechtecke zu einheitlichen Din-A4-Formaten in einer Vitrine zusammenfügt und so den Wandel im Umgang mit Informationen in den Fokus rückt. Der Bezug zu den Stasi-Akten bleibt dabei nur eine mögliche Deutungsebene und die Rezeption der Ausstellung als ästhetisierte Aufarbeitung der deutschen Geschichte ist zu kurz gegriffen. Es ist vielmehr ein abstrahierter ‚anniversary effect‘, der das vereinigende Moment der ausgestellten Arbeiten bildet: die Wiederholung bestimmter zu Automatismen verkommender Handlungsabläufe, seien es historische Gedenktage oder das Ausstellen selbst als gängiges und immer wiederkehrendes Ritual im Kunstbetrieb.
Über ihren parcoursartigen Aufbau trägt „The Anniversary Show“ spielerische Züge und gibt zugleich einen bestimmten Gang durch die Ausstellung vor: Von „Display zu No 2nd Thoughts/ East Coast West Coast“ – einer Arbeit bestehend aus zwei Spiegeln mit dem aufgesprayten Schriftzug „No 2nd Thoughts“ und zwei zusammen geschweißten Schaufeln – hin zu der skalierten Zeichnung „Black Hole“ in fast sakraler Hängung an der Stirnseite des Hauptraums. Im anschließenden Nebenraum bilden die zwei Leuchtkästen „If und Then“, der Neonschriftzug „¥€$“ und acht „Cracks“ aus gerahmtem, gebrochenem Glas den Schluss der Strecke. In der Hängung greift Sudenburg einzelne Raumelemente auf und schafft Sichtachsen, die durch Reflektionen der Werke über die Spiegel aus „No 2nd Thoughts“ ineinander geblendet werden. Assoziative Verknüpfungen zwischen den einzelnen Objekten und deren dezente, aufeinander abgestimmte Farbgestaltung sowie einfache, geometrische Formen machen die Ausstellung zu einem geschlossenen Ganzen und das Display selbst zum Thema. Die Nähe zum Design ist über die sauber verarbeiteten Materialien, klare, auf ihren Kern reduzierte Aussagen und Symbole in werbewirksamen Medien wie Leuchtkästen und Neonröhren augenscheinlich gegeben. Doch liegt gerade in dieser Reduzierung bestimmter Ereignisse und Phänomene auf ihre zeichenhafte Grundstruktur die Stärke von Sudenburgs Arbeiten. Was auf den ersten Blick glatt und simplifizierend daherkommt, entpuppt sich beim zweiten Blick als dynamisches Verhältnis zwischen Inhalt und Form. Die einzelnen Objekte oszillieren durch ihren breiten Assoziationsspielraum zwischen verschiedenen Bedeutungsebenen, ohne dabei jedoch in Beliebigkeit abzudriften. Die Arbeit „Burning Barrel“ im Hof der Galerie erscheint im Vergleich zu der stark oberflächlichen Wirkung der Objekte im Galerieraum wie ein ironischer Kommentar des Künstlers zur Lage der Gegenwartskunst, der auch die Ästhetik seiner eigenen Ausstellung konterkariert. Funktionierte die brennende Tonne während der Vernissage als soziale Skulptur, um die sich das Publikum gruppierte, sich wärmte und unterhielt, bildet sie zugleich als Symbol des Aufstands und der Armut das fackelnde Schlusslicht der Show und eröffnet ähnlich wie „Black Hole“ ein Untergangsszenario weit entfernt von großer Käuferschaft und Slickness. Eben dieser ausstellungsimmanente Bruch mit dem eigenen Stil ist es, der „The Anniversary Show“ zum produktiven Kontrapunkt einer sich weiter ausbreitenden Ästhetisierung der Kunst- und Lebenswelt macht, in der die Grenzen zwischen Dekor und Bildender Kunst immer weiter verschwimmen.