Die Netzwerkshow ist eine Unterkategorie der Gruppenausstellung. Sie unterscheidet sich von der herkömmlichen Gruppenausstellung durch die Abwesenheit eines kuratorischen Konzepts. Netzwerkshow bedeutet die Einladung einer Vielzahl von Künstlern, die jeweils meist eine Arbeit zur Ausstellung beisteuern. Man könnte sie auch Freunde-und-Bekannte-Ausstellung nennen (Titel einer Ausstellung kuratiert von Stefan Schuster in Sparwasser HQ, 2008). Abends ist es deshalb meist so rappelvoll, dass nur die oben gehängten Arbeiten sichtbar sind, aber um die geht es bei einer Netzwerkshow auch nur am Rande. Die Netzwerkshow ist so etwas wie das Benzin der hiesigen Kunstszene der nuller Jahre, denn sie hält den Berlin-Hype am laufen. Schon 2000 dachte ich, dass dieser sich langsam abnutzen müsste. Das war falsch gedacht, es ging erst richtig los und man erinnert sich nur mühsam an die Kunstereignisse davor zurück. Die erste Netzwerkausstellung, die ich bewusst wahrgenommen hatte, war die der Akademie Isotrop im Atelier Gunnar Reski, damals in der Schillerstraße irgendwann in den späten Neunzigern. Dort hingen alle Arten von bearbeiteten Oberflächen reihum, darunter viel kariertes Schulheftpapier und ich dachte mir dafür den Begriff „Tintenkillerkunst“ aus. Viele der damals Ausstellenden tauchten später in einer Vielzahl von Netzwerkausstellungen auf und machten Karriere – nicht unbedingt deshalb. Die Netzwerkshow war vielmehr ein Grund sich abends zu treffen und Bier zu trinken, Leute zu treffen und kennenzulernen und sie ist alles was Berlin so attraktiv macht: überquellende Ausstellungsräume in abgewrackten Räumen, zig Kästen Bier und viele kennen viele.
Um 2000 ging es also richtig los mit dieser Form von Ausstellungen. „Genre Painting“ (Abbildung) als früher Höhepunkt versammelte über 115 Arbeiten von ebenso vielen Künstlern in einem Schuppen auf dem Tachelesgelände. Unter anderem wurde die Show von Gregor Hildebrandt (mit Marc Pätzold und Susanne Roewer) kuratiert und er selbst wurde später Teilnehmer vieler wichtiger Netzwerkshows.
Monteparnasse, Menschenraum oder Maschenmode hießen die Räume um 2000 die aus einem Pool an Künstlern immer neue Kombinationen zeigten. Ausstellungen in Ateliers, wie die große Wandbildausstellung bei Jenny Rosemeyer, wandernde Ausstellungskonzepte wie Schickeria von Olivia Berckemeyer, Ausstellungen mit Titeln wie „Die Vertreibung der Händler aus dem Tempel“ in der 2yk Galerie oder „Albert Schweizer spielt Bach“ kuratiert von Klaus Winichner folgten. Letztere ging als eine der dunkelsten Netzwerksausstellungen in die Geschichte ein. Die Baracke in der Linienstraße wurde über Nacht besetzt, ohne Licht, nur Kerzenschein. Die Nächte zuvor hielten sich den Exkrementen und Alufolienresten nach zu urteilen, noch andere in den Räumen auf. Als weiteren Höhepunkt könnte man die Palast-der-Republik-Ausstellung 2005 bezeichnen. Eine der Macherinnen beschrieb mir damals die Ausstellung als „Handy-Ausstellung“ – die Künstler, die in den jeweiligen Mobiltelefonen gespeichert waren, wurden angerufen. Dabei las sich die Künstlerliste wie das Who-is-who der Berliner Kunstszene. Jetzt zum Ende der Nuller-Jahre ist die Berliner Netzwerkausstellung in New York angekommen und wird noch einmal mit einer Art Retrospektive bei Pace Wildenstein gefeiert. „Berlin 2000“ heißt die Ausstellung und ist von Birte Kleemann kuratiert. Mit dabei Gregor Hildebrandt und der Autor dieser Zeilen. Ich hätte ohne die Netzwerkausstellung fünfzehn Ausstellungen weniger in meiner Biografie, viel weniger Leute kennengelernt und vor allem weniger Spaß gehabt.