Painting Forever! Keilrahmen

KW

2014:Mar // Christoph Bannat

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03-2014
















Kollektive Strafhängung

Natürlich kann so etwas mal passieren. Und warum sollten im Berliner Kunst-Werke e.V. nicht auch die gleichen Fehler gemacht werden wie in Galerien, auf Messen und auf sonstigen Kunst-Projekt-Veranstaltungen etc. Und es fragt ja auch schon keiner mehr, was da eigentlich schief gelaufen ist. Und so treibt der Name des Kunst-Werke e.V.s seine Blüten in den Viten der Künstler, die Bilder bei „Painting forever! Keilrahmen“ ausgestellt haben. Dabei lohnt es, die Ausstellung noch einmal, vor dem inneren Auge, Revue passieren zu lassen, denn sie war bösartig wie kaum eine. Vielleicht war sie das unbewusst, was deshalb aber nicht weniger schwerwiegend ist. Niemals zuvor habe ich eine dermaßen hinterhältige, schlau inszenierte und dabei feindselig gestimmte Ausstellung Malerei betreffend erlebt. Hinterhältig, da nicht gleich offensichtlich, bahnte sich eine vergrätzte Bösartigkeit ihren Weg, je länger man durch die Ausstellung ging und je höher man stieg. Schlau, wie das Verhältnis von Bild zu Wort, Predigt, Zitat und thesenartig Selbstgezimmertem dramatisiert wurde. Wenn auch nur schlaugemeiert, mit seinen verrutschten Selbsthauptbehauptungsmetaphern; mit dieser Ausstellung aus dem Rahmen zu fallen.
Denken wir uns die Ausstellung als filmische Inszenierung. Kommen wir durch die schwere Eingangstür, vorbei am Kassentresen, durch den engen Kanal, über die Empore hinabsteigend, entlang der beidseitig leer gelassenen Seitenwände, durch den unbestuhlten Andachtsraum, Sammelort der Bildgläubigen, angezogen vom wandfüllenden Bildteppich aus über 70 Bildern, der versprochenen Hauptattraktion. Innerlich aufgeladen durch den dramatisch langen und bildlosen Weg, erwartungsvoll vor die dicht zusammengehängten Bilder, meist auf Leinwand gemalt, tretend. Doch die Erwartung, durchs Nähertreten mehr zu erfahren, wird enttäuscht. Die Bilder laden sich nicht nur nicht gegenseitig auf, sondern subtrahieren einander. Manche hingen so hoch, als wollte man ihnen die zweite Chance durchs Nähertreten erst gar nicht geben. Was kein Problem darstellen muss. Wäre nur die Addition aller Bilder mehr als deren Summe. Sie blieb die titelgebende Hauptattraktion ein Versatzstück im Ausstellungs­parcours. Der Enttäuschung folgte so Ärger über die Beliebigkeit, die Auswahl der Werke betreffend. Zur Verärgerung gesellte sich auf dem Rückweg der Verdacht, nur einer Inszenierung auf dem Leim gegangen zu sein. Vorbei an der Kanzel für jedermann. Dem gesprochenen oder gedacht gepredigten Wort über den architektonischen Verstärker der Kanzel, vor einer leeren Wand, im Punktscheinwerferlicht. Egal aus welch artifiziellem Material, mit wie auch immer geartetem ironischen Verweispotenzial sie gebaut worden war. Wirkungsmächtig funktioniert sie hier im Zusammenspiel mit einem gedachten Volk von Betrachtern, den Bildern und den Beziehungen zwischen Bild und Wort, gesprochen und geschrieben. Denn sobald man wieder, diesmal von der anderen Seite, die Empore betrat, um den Raum zu verlassen, begegnete einem das gedruckte Wort. Über die gesamte Längsseite der Empore, als Potpourri gedruckt, auf Stein gerubbelt. Zitate von Martin Kippenberger, Deleuze/Guattari, Katrin Plavcak, Jörg Heiser, Clement Greenberg, Fernand Léger oder Pablo Picasso u.a. über Malerei. Auf deren Rückseite dann „20 Sätze über den Rahmen“, unterschrieben mit Ellen Blumenschein, überlebensgroß stehen. Deren selbstherrliche Aussage mit der verrutschten Hauptbehauptungsmetapher, dass diese Ausstellung, eben „… aus dem Rahmen fällt“, schließt. Die so richtig nicht stimmen will und ungewollt komisch klingt. Wenn hier nicht zwischen dem (meist unsichtbaren) Keilrahmen als Bildträger und einem das Bild rahmenden Rahmen unterschieden wird. Schwamm drüber.
Das alles kann passieren, unter „dumm gelaufen“ abgehakt und der Rede nicht Wert erachtet werden. Wäre da nicht die zeitgleich über zwei Stockwerke laufende Ausstellung von Merlin James gewesen. Auch ein Maler. Und diese setzte den Berliner Kellerkünstlern die, sozusagen doppelstöckige Krone der Unverschämtheit, ja, der Böswilligkeit auf. Unten die Werke der 70 Maler, verramscht als Konzeptware. Während oben, lichtwärts, die Durchschnittsware von Merlin James über zwei Stockwerke in konventioneller Wäscheleinen-Hängung zu sehen war. Oben darf einer sein Oeuvre entfalten, unten wird man keinem auch nur annähend gerecht. Oben: das Oeuvre eines Einzelnen, unten überwiegt die Inszenierung. Wenn das kein Statement ist. Beide Inszenierungen sind entschuldbar, zusammen aber eine Beleidigung der Berliner Maler. Präsentiert wird eine feindselige Haltung gegenüber einer Berliner Malerklasse, wie ich sie so noch nicht erlebt habe. Keiner der gezeigten 70 Maler hat so etwas verdient. Alle gezeigten sind ernsthaft arbeitende Künstler, die ihre Lebenszeit mutig in die Waagschale werfen. Also, wenn schon dann: Strafhängung für alle.

Painting Forever! Keilrahmen, KW Institute for Contemporary Art – Kunst-Werke e.V., Auguststraße 69, 10117 Berlin 18. 9.– 10. 11. 2013
Ausstellungsansicht „Paining Forever!“ (© Foto: Esther Ernst)
laufplan (© christoph bannat)
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