Sie hassen seine Bilder / Kai Teichert in der Saarländischen Galerie
Sie hassen seine Bilder Seine Bilder sind peinlich Ungenau ambivalent Pfauenhaft Gespreizt Pfauenfederkronen Gefächert Radschlagend Bewegend Dynamisch Im allgemeinen Nackt Stehend Phallisch kommend Aus …
Ich wurde von Kai Teichert um einleitende Worte bezüglich seiner Retrospektive im Palais am Festungsgraben (Berlin), gefragt. Es wurde ein phonetischer Schrei-Vortrag. Seit Mitte der 90er begleite ich seine Bilder beobachtend und wünsche sie mir heute mehr denn je von „Texte zur Kunst“ besprochen. Denn es sind genau solche Art von Bildern, die dort eben nicht besprochen werden. Den Widerstand moderner Menschen, den diese bei seinen Bildern empfinden, ist ein starkes, in seiner Stärke sehr komplexes Gefühl. Oft habe ich mich als modernen Menschen befragt. So auch zu meinem Schrei-Vortrag. Bei der vorausgegangenen Recherche ging ich chronologisch vor und klopfte die von Kai erzeugten, oder behandelten Metaphern von allen Seiten ab.
… In wörtlich blühenden, Headline fett und nach gerichteten Landschaften Kohlscher-Prägung. Vor der Mensch und Tier. rumstehen Bereit zum Auszug. Verharrend In autistischer Beziehungsartistik einer Familienaufstellung. Zum Zeitvertreib reitend auf. Dem platten Land. Ausgesetzt dem Himmel. Der Neulandgewinnung Nord- Nord-westlicher Prägung. Als Gegenwurf . Geworfen. Zwischen Oel- Tanker und Arche. Geschützt vom Zerstörer. Inmitten einer Dingwelt, ohne 4 Wände. Ins Ungefähre trotz Übersichtlichkeit. Fertig Mit Kind und Kegel fürs platte Arkadien …
So liest sich die Palais-Schreierei. Und ich stellte fest, wie“ politisch“ seine Metaphern sind. Einerseits, anderseits beseelt von einer genialen Schlampig- und erregender Ungenauigkeit, bei größtmöglicher, dem Inhalt entsprechender, formaler Präzision. In Zeiten, in denen Künstler eher ihre Unfähigkeiten kultivieren, oder den Ikonoklasmus als bildgebendes Verfahren wählen, glaubt hier jemand an Malerei als bildgebendem Medium. Zugegeben, ein alter Glaube …
Dort wo sich nur die Phantasie erhebt. Reitend mit Velázques und Cranach auf einem Tapir in einem implodierten Poussin. Vielfältig gestrandet, ohne je ausgefahren zu sein. Gerettet durch erregende Unschärfe. Frei Körper Kultivierte Fleckenteufel Propaganda für ein Recht auf Nacktheit. Jenseits des theatralischen Schutzraums Zivilisation, Mobiliar und Immobilien. Wie leben? Im Grünen-----------------------2000–2005 Mensch entkernte Landschaft – nahe zu bis sich im Teich widerspiegeln Kleider. Stücke der Menschheit. Zaungäste im Jagdgebiet Grund- Besitz Tier garten----------------------------2003–2005 Fremde Zaun Gast Blicke auf manieristisch verschwurbelte Pinsel- Strich-Dramolette. Handstreich gewilderte Böcklins
Als Dorf -(Depp)-Künstler wurde er hinter vorgehaltener Hand bezeichnet – davon kenn ich viele – bitte nennt sie mir und ich übernehme die Verteidigung. Tatsächlich scheint er manchmal nach dem „dümmsten“ Bild zu suchen. Aber ist das nicht ehrenhaft, wenn ein Künstler, seine Grenzen auslotet und uns daran teilhaben lässt?
… Boat-Trip-----2006--------------------------- Trip. Das Leben als Ernstfall Bootweise Ladung Auf hoher See People Grenzüberschreitend Frontex erfahren. Zwischen Leben und Tod. Im Mittelmeer Mittelerde zwischen Ich und Welt. Bewegend Feuchte Zwischenräume Über Lethe. Styx. Fahrt zum Selbst: verschuldeten Schiffbruch mit Zuschauer. Ohne Steuer oder Segel. Nur mit einer Fahne Um Aufmerksamkeit Auf dem Meer des Lebens bittend unter Einsatz des eigenen als Risikokapital – Künstlerweisheiten (Théodore) Géricaults Floß der Medusa zitierend – wessen Menschenrecht, Das bedrängte Leben in der Aufsicht. Verlust der Körper. Ineinander Geschobener Grenzen. Nackter See. Agambens Nacktheit. Überlebender des eigenen Lebens. Und doch nur ein Stück. See Kai Teichert „Lingua Franca“, Saarländische Galerie – Europäisches Kunstforum e.V., Am Festungsgraben 1, 10117 Berlin, 16.5.–30.6.2013