Und wer hört zu? Der oder die, die vorher angerufen haben in der Galerie Kai Hoelzner. Eigentlich hätte ich nicht angerufen, aber der Hinweis auf den Roman „Ferdyduke“ von Witold Gombrowicz war eine Art Zeichen. Er fand sich auf der Rückseite der Einladungskarte. Den Roman lese ich gerade mit äußerstem Vergnügen. Der Anrufer erhält einen Termin. Der Besuch der Galerie war schon ein Erlebnis für sich: aussteigen am Kottbusser Tor, dann die Adresse finden, die es ebenerdig gar nicht gibt. Zum Glück erinnerte ich mich an das Wort „Balkon“ und fand dann auch im ersten Stock eine Art Balkon, fünfzig bis achtzig Meter lang. Und in der Mitte ungefähr befand sich dann auch die Galerie, klein aber fein. Von Ausstellung konnte man allerdings kaum sprechen. Und ein Teil der Decke war durch einen Wassereinbruch beschädigt. Im hinteren Bereich befindet sich eine Art Büro, vorne die Galerie. Zwei rechteckige Pfeiler bestimmen den Raum, dazwischen steht eine Lederliege. Die Begrüssung ist freundlich, der Rundgang schnell erledigt. Dann beginnt die „Séance“. Das Wort ist hier nicht ganz passend, aber es ist ja auch keine Begegnung zwischen Patient und Therapeut. Der Therapeut ist in diesem Falle tatsächlich der angemeldete Besucher. Wir wollen hier nicht auf das gesamte Instrumentarium der Psychoanalyse eingehen, samt deren Kritik, wie sie beispielsweise von Deleuze vorgetragen wurde, siehe „Anti-Ödipus“. Eine gewisse Distanz kann man ebenfalls dem „Patienten“ zugestehen, der ja auch der Galerist und Initiator ist. Er weist einen von vornherein auf das konkrete Prozedere hin: fünfzig Minuten Analyse oder Abbruch durch den Besucher bzw. Therapeut.
Dann beginnt die Sitzung. Der Besucher sitzt im Stuhl und hat neben sich ein Glas Wasser. Der Patient liegt auf der Le- derliege und blickt auf ein Foto von Gilbert & George. Beides hat nichts miteinander zu tun. Die Offenbarungen des Galeristen sollen hier nicht verraten werden. Der Autor als Therapeut macht eine einigermaßen gute Figur: Er schweigt und schaut zweimal auf die Uhr. Die Situation ist seltsam, aber nicht prekär. Die Bekenntnisse sind einerseits trivial und andererseits überraschend. Ein Urteil lässt sich kaum konkret festlegen. Zum einen befindet sich der Besucher in einer Art Vorführung, von der er ein Teil ist und andererseits auch Beobachter. Diese Situation entspricht einem „double bind“, in der die Informationen zweideutig sind. Das erinnert einen dann doch auch an die Begegnung zwischen Kunstwerk und Betrachter. Wer konstituiert das Werk und was ist das Werk? Sollten wir die Begegnung mit dem Kunstwerk als therapeutische Sitzung verstehen? Wir hoffen nicht …