Von etwas Gartenarbeit, dem Kochen und der Suche nach den besten Zutaten abgesehen, ist Ali Mongos Alltag nun ganz dem Malen meist kleinformatiger, farbintensiver Ölbilder gewidmet, die er abschließend häufig mit glänzendem Bootslack überzieht. In den frühen Morgenstunden dient ihm der Flur zu seinem winzigen Hotelzimmer als Atelier, tagsüber das jeher von Künstlern und Schriftstellern stark frequentierte Café Trieste, wo er nebenbei Postkartendrucke seiner Gemälde an Touristen verkauft. Abends verlegt er seine Arbeit oft ins Specs, eine alte Seefahrerkneipe in unmittelbarer Nähe des von Beatniks gegründeten, unabhängigen City Lights Bookstore und der Bar Vesuvio, in denen der „King of the Beats“ Jack Kerouac seine Abende vertrank. Eine künstlerische Ausbildung hat Ali Mongo nie genossen und auch mit dem Kunstmarkt hat er reichlich wenig zu tun. Der Verkauf seiner Bilder läuft meist über Straßenmärkte, nur ab und an stellt er aus und dann meist auf Eigeninitiative.
Anders nun in Berlin: In der vom Künstler, Performer und Kurator Manfred Kirschner geleiteten Kreuzberger Galerie Crystal Ball, die sich bewusst künstlerischen Eigenbrötlern und Randfiguren verschrieben hat, sind auf Initiative von der Kuratorin An Paenhuysen etwa dreißig überwiegend postkartengroße Ölgemälde von ihm zu sehen. Die Mappen mit weiteren Bildern geben Eindruck von seinem schier endlosen Produktionsdrang. Auf einem Fernseher im Fenster laufen Videomitschnitte sowie Fotos von Ali Mongo in seiner typischen Umgebung und bei alltäglichen Handlungen – mit Frauen oder Fischen im Arm, beim Malen, Einkaufen, Kochen und Trinken. „Et in Arcadia ego“ nennt sich die Ausstellung, die, nicht weiter verwunderlich, im Café Trieste ihren Ausgangspunkt genommen hat. Geister und Dämonen, Tiere und Fabelwesen vor häufig nicht weiter zu spezifizierendem Hintergründen bevölkern viele der Bilder. Traditionelle mongolische Motive und Trachten vermischen sich mit Seestücken und orgienhaften Gartenszenen, überhaupt sind viele nackte Brüste zu sehen. Das hier entworfene Arkadien ist ein Ort der Lust wie des Dämonischen, der blühenden Natur wie der stürmischen Meere.
Die Motive nähren sich aus Mongos eigenem Erfahrungsschatz sowie umfangreichem Bildmaterial aus Büchern, die er in der städtischen Bibliothek oder im Internet gefunden hat. Ohne ausgereifte Techniken bedient er sich stilistisch an den verschiedensten Richtungen des 20. Jahrhunderts, verfährt mal äußerst detailreich im Stil der Pointillisten, mal reduziert er die Figuren auf wenige, breite Striche oder schafft mit dickem, fast reliefartigem Farbauftrag abstrakte Kompositionen. Vermeintliche Anleihen an Gemälde von Cranach oder Magritte tun sich auf, manches scheint einem von Goya vertraut – doch nie ohne Bruch. So fassen sich etwa die drei nackten Grazien in einer Gartenlandschaft etwas ungelenk um die Schultern, sie wirken trunken und verdecken zum Teil ihr eigenes Gesicht. Lässig steckt der Mittleren eine Zigarette im Mund und bringt sie so der Pose eines Rockstars weit näher als der Verkörperung von anmutiger Schönheit. Es ist eine ‚naive‘ Malerei, wenn man so will, die zunächst recht unschuldig daher kommt und nicht zuletzt im Titel doch den großen Bogen zur klassischen Kunstgeschichte aufwirft. Dass Ali Mongo selbst in Arkadien war oder auch immer noch lebt, wie der durchaus mehrdeutige Ausstellungstitel suggeriert, nimmt man ihm gerne ab. Doch das ebenso im Titel implizierte Memento Mori möchte man angesichts dieser Ausstellung lieber gleich wieder vergessen.
Fiona McGovern
Ali Mongo, „Et in Arcadia ego“, Schönleinstraße 7, 10967 Berlin, 04.06.–31.7.2010