Die Idee kam während des Redaktionstreffens. „Lasst uns doch ein Ich-Spezial machen.“ Betretenes Schweigen in der Runde. Dann ein verhaltenes „Warum nicht? Lasst uns alle Selbstporträts schreiben!“ Einerseits das peinlichste Format, das man sich vorstellen kann, andererseits ein mittlerweile weit verbreitetes. Wir sind die Generation Ich. Wir sind auf Dauersendung. Alles wird gebloggt, gepostet, getwittert, gefacebookt, geweißderkuckuckt. „Von hundert“ ist auch nur eine Meinungsplattform von hunderttausend anderen, ein Sender unter unzähligen. Als Künstler, Kritiker, Künstlerkritiker sind wir sozusagen an vorderster Front der Subjektblogger. Bei dem letzten „Haben und Brauchen“-Treffen im Salon Populaire fiel auf, dass fast jeder Diskutant zu Beginn seines Beitrags einen Tuck zu lange sich und sein Projekt vorstellte. „Since twothousandandfour we’re running the independent project space … trying to connect … freelanced, non-profit …“ Klar, auch bei einem Treffen, bei dem es eigentlich darum geht, sich zu vernetzen und ein Wir zu konstituieren, kann man schauen, dass man sich gut verkauft. Sind ja alle wichtigen Leute da und als Künstler ist man von Beginn an Einzelkämpfer, der sich irgendwie durchlutschen muss. Ich, ich, ich … Dieses Dauersendenmüssen hat viele Gründe. Natürlich gibt es erst jetzt die technischen Möglichkeiten. Dann zerbröselt auch noch das Außen in eine Vielzahl von Krisen und übermittelten Zuständen, so dass die Selbstäußerung immer stärker als Selbstvergewisserung nötig scheint. Mit der Verkrustung der eigenen Synapsen geht die der gesellschaftlichen einher. Es wird mehr wahrgenommen, aber weniger intensiv. Also lauter schreien, aus Angst eines Morgens aufzuwachen und im immer dichteren Subjektnebel das Gegenüber im Spiegel nicht mehr zu erkennen? „Kenn ich nicht, wasch ich nicht.“ Ist aber ziemlich sicher der falsche Weg. Deswegen gibt es in der nächsten „von hundert“ ein Netzwerk-Spezial, um danach endlich die wichtigen Themen anzugehen, Kollege Stange wartet da schon seit Jahren drauf. Übrigens wurde die „von hundert“ vor genau fünf Jahren gegründet. Ich war dabei.