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Mein Ding (2)
Höfner Shorty Bass
2022:Mai //
Raimar Stange
Dingwelt paradox: (m)ein „Shorty“
Ein „Klassiker aus den 80ern“ (Musikhaus Thomann) und der damals angesagten Dematerialisierung nicht nur in der Musik: der Höfner Shorty Bass. Mit seiner Shortscale-Mensur von nur 76 cm, einem extrem kleinen Korpus und dem überaus geringen Gewicht von nur 2,5 Kilo gilt diese Bassgitarre als „idealer Reisebegleiter für alle Musiker, die häufig unterwegs sind“ (musicstore.de). Die Mensur, es ist eben ein echter Höfner, ist übrigens genauso lang wie die des legendären „Beatles-Bass“, dem violinförmigen Instrument also, das der Beatles-Bassist Paul McCartney spielte und so die deutsche Firma Höfner weltberühmt machte. Wichtiger aber ist, dass der „Shorty“, insofern ein echter 80er, mit seiner wohlkalkulierten „Unterdimensionierung“ typisch ist für die Bestrebungen weiterer Bereiche der Pop-Musik in elektronische Syntheziser-Gefilde abzudriften. Man denke etwa an Depeche Mode, der wohl erfolgreichsten Band dieser Dekade, die ihre Hardware, der Ästhetik des Computers entsprechend, quasi dematerialisieren wollte. In diesem Sinne ist der „Shorty“ zwar ein objekthaftes Ding, aber eines, das versucht, so wenig wie möglich als solches wahrgenommen zu werden.
Besagte Dematerialisierung erinnert selbstverständlich an Lucy R. Lippards Diktum der „Dematerialisierung des Art-Objektes“, die der Kunst den Warencharakter nehmen sollte. Doch dieses Diktum hat von Anfang an zweierlei übersehen: 1. Nicht jedes Objekt taugt zur Ware und 2. kann auch Dematerialisiertes – die sogenannten NFTs sind heute ein beredtes Beispiel hierfür – durchaus Warencharakter besitzen. Der „Shorty“ nun ist, wenn er tatsächlich in 1980er Jahren produziert worden ist, einerseits längst ein teures Kultobjekt. Andererseits erzielt die Neuauflage des Basses eher geringe Preise, zumal dann, wenn man ihn, wie ich vor Kurzem, bei den Ebay-Kleinanzeigen erwirbt. Nicht zuletzt dem „Online-Marktplatz Ebay“ (Wikipedia) übrigens ist es gelungen, den Charakter von Warencharakter, ihn gleichsam potenzierend, zu verändern und zwar dadurch, dass der Unterschied von Käufer und Verkäufer insofern relativiert wird, als bei Ebay beinahe jeder zum Verkäufer werden kann.
Dass der „Shorty“ mit seiner „Kleinigkeit“ sich last but not least jedwedem ach so potenten Posen verweigert, macht ihn umso sympathischer. Und doch: Irgendwie fehlt dem Bass letztlich doch genau die Körperlichkeit, die einen Bass „als Rückgrat der Musik“ eben die Bodenhaftung gibt, die ihn auszeichnet. Der Widerspruch rockt!